Speaker-Slam 2020
Monika Herbstrith-Lappe hat beim Österreichischen Speaker-Slam 2020 in der Kategorie "Medien" gewonnen. Herzlichen Glückwunsch. Wir freuen uns sehr mit ihr.
Ärger braucht kostbare Energie, und das nicht zu wenig. Da will gut überlegt sein, wie viel davon Sie in eine Sache, Situation oder Beziehung tatsächlich investieren wollen. Was es viel mehr bringt: Nutzen Sie Ihre Ärger-Energie, um Konflikten mutig zu begegnen und sie offen anzusprechen. Das ist gesund und zahlt sich wirklich aus.
Im Ärgern sind wir tierisch gut. Für das Überleben unserer Vorfahren in der Steppe war es auch tatsächlich entscheidend, rasch und entschlossen zu kämpfen, ganz nach dem Motto „Fight or Flight“, das auch das Grundmuster unseres Stressprogramms ist. Denn Wut ermächtigt uns, unser Terrain mutig zu verteidigen und es nicht flüchtend aufzugeben. – Aussuchen können wir uns diese Emotion nicht. Sehr wohl aber können wir sie klug steuern.
In stressigen Situationen sinkt der Serotoninspiegel in unserem Körper. Dadurch erleben wir alle Emotionen intensiver. Evolutionspsychologisch ist das sinnvoll: Wenn wir nicht nur lauwarm missgestimmt, sondern wütend heiß sind, kämpfen wir entschlossener.
Je nach Ausprägung der cholerischen Neigung verbrauchen wir in 1 Stunde des Ärgerns die gleiche Menge Energie wie in 8 bis 20 Stunden des produktiven Arbeitens. Nicht jede und jeder und nicht alles ist daher die kostbare Energie Ihrer Wut wert. Entscheiden Sie sich also bewusst, wie viel Ärger-Energie Sie investieren möchten.
Die wachrüttelnde, aktivierende Energie des Ärgerns kann nützlich sein, die damit einhergehenden Handlungsimpulse sind jedoch meist kontraproduktiv. Wut hinterlässt "zerbrochenes Porzellan" nicht nur in unserem Umfeld, sondern auch in unserem Gehirn. Außerdem verengt Stress unseren Blickwinkel. Das analytische Denken ist ausgeschaltet, weil es zu langsam wäre. Die Kreativitätsnuss im Hirn ist ebenfalls deaktiviert, weil es uns ablenken würde. Genau diese würden wir aber brauchen, um unseren Standpunkt mit klugen Argumenten durchzusetzen und Konsenslösungen zu finden.
Ärger zu schlucken, ist keine gute Idee. Erstens schlägt er uns auf den Magen und zweitens bleibt das Ärgernis bestehen. Beachten Sie: Konfliktvermeidung bewirkt nicht Konfliktvermeidung, sondern Lösungsvermeidung. Schließlich existiert der Konflikt ja weiterhin. Auf Dauer ist das für Beziehungen tödlich: Immer mehr nicht ausdiskutierte Konfliktthemen werden zum lähmenden Tabu. Gekränkter Rückzug ist die Folge. − Mit nicht ausgelebtem, nach innen gerichtetem Ärger, der chronische Störungen der eigenen Gesundheit und der Beziehungen bewirken kann.
Besonders toxisch wirkt Ärger in Kombination mit dem Gefühl der Ohnmacht. Wenn wir weder kämpfen noch fliehen können, bleibt nur noch das "Freeze", nämlich das Totstellen. Dabei können Sie den Mut, sich einem Konflikt zu stellen, aus der Ärger-Energie schöpfen. Biologisch betrachtet verursacht der Stachel im Fleisch Schmerzen. Das ist ein wertvolles Alarmsignal des Körpers, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist. Im übertragenen Sinn bringt uns der Ärger-Schmerz in die Gänge, um Störungen in unserem Umfeld zu bereinigen.
Um zu erkennen, was wir ändern können und was sich unserem Einfluss entzieht, empfiehlt es sich, zum Problem auf Distanz zu gehen. Zu diesem Zwecke lege ich Ihnen die Ärger-Palme ans Herz: Bevor Sie die anderen auf die Palme bringen, ziehen Sie sich selbst auf die Palme zurück. Von dort aus haben Sie einen wunderbaren Überblick und können erkennen, wem das Problem wirklich gehört und welche Handlungsmöglichkeiten Sie haben.
Aus dieser Perspektive erschließt sich auch die gesunde Alternative zu Ärger, die noch dazu kreativ macht, was die Lösungsfindung erleichtert: Humor. In meiner Familie gilt der Grundsatz: "Irgendwann finden wir es lustig, dann können wir doch auch gleich darüber lachen."